Sebastain Kurz hat geliefert.
Mit knapp 31% lag die ÖVP mit ihrem Spitzenkandidaten Sebastaian Kurz vor allen anderen Parteien. Dieser hatte vor allem mit einem Thema Wahlkampf geführt: Schluss mit der bisherigen Migrationspolitik. Die rechtskonservative FPÖ lag auf Platz drei, mit knapp 27%, ein klares Zeichen der österreichischen Bevölkerung an die Politik.
Dies alles, obwohl im österreichischen Wahlkampf viel schmutzige Wäsche gewaschen wurde. In seiner Rede nach dem Wahlerfolg sagte Kurz: „Der heutige Tag ist nicht der Tag des Triumphes über andere, sondern der heutige Tag ist unsere Chance für echte Veränderung in diesem Land.“ Mal abgesehen davon, dass Kurz` Wortwahl es so aussehen lässt, als wäre er ein absoluter Newcommer, der nun durch die Bevölkerung den Auftrag bekommen hat, endlich mit der politschen Landschaft aufzuräumen, wie sich etwa auch die AfD in Deutschland versteht, obwohl Kurz die letzten Jahre gerade als Integrationsminister die Möglichkeit hatte, seine viel erwähnten Probleme in der Migrationspolitik zu beheben. Abgesehen davon, scheint es eher zynisch von keinem Triumpf über andere zu sprechen, denn Kurz` Wahlkampf war massiv davon geprägt, dass man diesen auf dem Rücken der Muslime austrug und dies nachweislich zu unrecht!
Zum einen ist hier beispielsweise die sogenannte „Kindergartenstudie“ zu erwähnen, die Kurz massiv dazu genutzt hat, um die Stimmung gegen Muslime, islamische Kindergärten und Migranten im Allgemeinen anzuheizen, die aber nachweislich gefälscht war. Generation Islam schrieb darüber vor einigen Wochen:
„Der Bundesparteiobmann der ÖVP, Sebastian Kurz, reagierte darauf vorschnell mit den Worten, dass man „viele der Kindergärten sofort schließen“ müsse. Zu einem kleinen Skandal wurde dann die ganze Geschichte, als die Zeitung der „Der Falter“ veröffentlichte, dass die Studie wohl mit Absicht umgeschrieben wurde. So wurden beispielsweise Passagen über die Qualifikationen der Pädagogen gestrichen. Ein weiteres Beispiel ist, dass eine Passage in der es hieß, dass den Eltern der Kinder „Werte wie Respekt, Gelassenheit, Individualität des Kindes, Hygiene, Zufriedenheit der Kinder, Pünktlichkeit, Liebe, Wärme und Geborgenheit, Selbstständigkeit und Transparenz der Regeln“, wichtig seien, umgeschrieben wurde. Hinterher hieß es nur noch: „Besonders wichtig ist ihnen (den Eltern, Anm.), dass den Kindern islamische Werte vermittelt werden.“ Was damit suggeriert werden sollte, ist jedem klar.“
Folgen hatte dies nur für den Islamwissenschaftler und Studienmacher Ednan Aslan. Die Uni Wien leitet ein Verfahren zur wissenschaftlichen Glaubwürdigkeit Aslans ein und die Stadt Wien kündigte an gegen Aslan gerichtlich vorzugehen. Und Sebastian Kurz? Der gewann mit diesen Themen die Wahl.
Wohl beflügelt von der für Kurz gerade noch gut gegangenen Fälschung der Studie, hat er sich dann dazu entschlossen, das ganze zu wiederholen. „Kurz fordert massive Reduzierung der Migration.“ Diese Nachricht war auf der Facebookseite des Außen- und Integrationsministers kurz vor der Wahl und anschließend in vielen österreichischen Medien zu lesen.
Anlass waren neue Umfrageergebnisse der sogenannten „Muslim-Studie“ des österreichischen Politologen Peter Filzmaier. Dieser befragte Flüchtlinge und schon länger in Österreich lebende Muslime zu Themen wie Gesellschaft, Politik, Familie und Antisemitismus.
Das erste Problem, welches sich abzeichnete, war die Anforderung an einen Erfolg der Studie. Diese wurde nämlich schon fast als Skizze der katastrophalen Lage Österreichs bezüglich der Muslime gezeichnet. Allerdings teils aufgrund völlig irsinniger Annahmen. So war man beispielsweise entsetzt darüber, dass knapp 80% der afghanischen und somalischen Flüchtlinge angaben, Witze über den Islam als illigetim zu betrachten. Man hatte sich also erhofft, dass Menschen aus einem ganz anderen Kulturkreis und mit ganz anderen Überzeugungen, nach ein paar Monaten Aufenthalt in Österreich, die Wertevorstellungen der dortigen Mehrheitsgesellschaft bedingungslos akzeptieren würden? Wieder einmal ein kläglicher Versuch, die Begriffe Integration und Assimilation zu verwässern und zu vermischen.
Als nächstes wurden in der Studie keine vergleichbaren Zahlen der Mehrheitsgesellschaft angegeben. So war man beispielsweise empört darüber, dass knapp ein Drittel der befragten Muslime, die schon länger in Österreich leben, der Aussage zustimmen würden, dass Juden zuviel Macht besäßen. Nach einer Umfrage im Jahre 2014 stimmen aber auch ein Drittel der Österreicher dieser Aussage zu.
Zu guter Letzt ist die „Muslim-Studie“ nicht einmal repräsentativ. Heise.de schreibt:
„Problematischer als die einseitige Interpretation der Studienergebnisse ist allerdings die Konzeption der Studie selbst. Denn bei der Umfrage im Auftrag des Österreichischen Integrationsfonds handelt es sich um gar keine repräsentative Studie. Anstatt wie sozialwissenschaftlich üblich Personen zu befragen, die in ihrer Zusammensetzung hinsichtlich Faktoren wie Alter, Herkunft, sozialer Status, Geschlecht usw. in etwa der Struktur der gesamten muslimischen Bevölkerung Österreichs entsprechen, war die Umfrage mittels eines Schneeballsystems erstellt worden. Das bedeutet: Die Teilnehmer konnten selbst darüber bestimmen, wer die Fragen als nächstes ausfüllen sollte. Ein Prinzip, das zwangsläufig dazu führt, das bestimmte Gruppen überpräsentiert sind, da der Fragebogen höchstwahrscheinlich eher im eigenen Bekanntenkreis und damit in ähnlichen sozialen Gruppen weitergegeben wird. Selbst der Studienmacher, der Politologe Peter Filzmaier, hatte deshalb vorsorglich davor gewarnt, die Ergebnisse zu verallgemeinern.“
Die Warnungen des Studienmachers sollten vollständig überhört werden. Kurz benutzte die Studienergebnisse nicht nur, um sich zum letzten Antrieb vor der Zielgeraden des Wahlkampfes zu verhelfen, sondern die Medien übernahmen die Schreckenswarnungen:
„Schockierend: Mehr als ein Drittel der Flüchtlinge sowie ein knappes Drittel der Türken befürworten die gewaltsame Verteidigung der Familienehre“ (Österreich 24)
„Hälfte der Flüchtlinge verweigert Handschlag“ (Die Kronen-Zeitung)
„große Unterschiede bei Wertehaltungen“ (Der eher seriösere Standard)
Sebastian Kurz sprach selbst davon, dass „insbesondere bildungsfernen Menschen aus anderen Kulturkreisen“ die Einreise verweigert werden sollte.
Man kann sich überlegen inwieweit die Menschen in Deutschland, Österreich oder anderen Ländern in Europa oder gar in der ganzen westlichen Welt verantwortlich sind für den derzeit stattfinden Rechtsruck, wenn selbst Politiker aus machtstrategsichen Gründen, die Zeitungen aus Sensationsgeilheit und selbst sonst wissenschaftlich arbeitenden Studienmachern aus etwaigen Gründen, Verdrehungen der Wahrheit auf Kosten ganzer Bevölkerungsgruppen in Kauf nehmen. Man kann sich aber auch Fragen inwieweit die Muslime für diesen Rechtsruck tatsächlich verantwortlich sind, einfach, weil sie nicht genauer hinschauen und eben diese Verdrehungen der Wahrheit einfach in Kauf nehmen und sich nicht zu Wort melden, obwohl dies schon längst überfällig geworden ist.
Abdussamed Durmazalp, Aachen
Bild: bigthink.com