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Pressekonferenz
Sicherheitsgesetz als Religionsgesetz verpackt? Nicht mit uns!
Wir, das Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft verstehen uns als loses Netzwerk, in welchem MuslimInnen und Muslime verschiedenster Denkschulen und Hintergründe eine gemeinsame muslimische Basis bilden und als solche auftreten. Wir agieren unabhängig von religiösen sowie politischen Verbänden und Institutionen.
Der Entwurf für das neue Islamgesetz, das morgen im Parlament verabschiedet werden soll, bereitet uns schon seit Beginn der Verhandlungen große Sorgen. Er ist nicht nur durchzogen von sicherheitspolitischen Elementen, manifestiert einen Generalverdacht gegen Musliminnen und Muslime und steht in keinem Verhältnis zu den Rechten und Pflichten anderer Religionsgemeinschaften in Österreich, sondern besteht in einer Verfassungswidrigkeit sowie mangelnder Konformität mit internationalen Standards, die wir als Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft nicht tatenlos hinnehmen, sondern mit den uns zustehenden rechtlichen Mitteln anfechten werden!
Verfassungswidrigkeit sowie mangelnde Konformität mit internationalem Recht
Die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes wurde bereits von diversen Expertinnen und Experten dargelegt. Österreich hat eine Pflicht sich an internationale Standards anzupassen und internationales Recht zu respektieren!
Verfassungsrechtlich höchstproblematische Regelungen wie unter anderem das Verbot auf Auslandsfinanzierung und die Zwangseingliederung der Islamischen Vereine unter die Religionsgesellschaften sowie verfassungswidrige Beschränkungen von Lehre, Einrichtungen und Gebräuchen durch einfache gesetzliche Regelungen wurden auch in der aktuellen Fassung beibehalten.
Demokratiepolitische Bedenken–deokratiefeindliche Einschränkung der Rechte von BürgerInnen
Demokratiepolitische Bedenken haben wir nicht nur in Bezug auf die Verhandlungen, die in unseren Augen vor allem unter dem Kennzeichen mangelnder Berücksichtigung der kritischen Stimmen der muslimischen Basis geführt wurden, sondern auch am Inhalt des Gesetzes: So kreiert die Zwangseingliederung islamischer Vereine in die IGGiÖ ein Monopol der islamischen Glaubensgemeinschaft, das wir als demokratiepolitisch schwierig sehen. Unsere größten Bedenken beziehen sich jedoch auf die Vermischung von Staat und Religion, die dieses Gesetz verkörpert!
Kein Staatsislam
Wir stehen für eine klare Trennung von Staat und Religion ein und sind gegen eine Verkirchlichung des Islams in Österreich! Wir kennen keine Kirche, hatten nie eine und wollen auch keine.
Themenverfehlung
Wir sehen den gesamte Gesetzesentwurf als Themenverfehlung. Sicherheitspolitische Elemente haben in einem Religionsgesetz nichts verloren und sind in Maßnahmensetzungen des BMIs besser aufgehoben. Wir empfinden zudem den Einbezug des Integrationsministeriums in die Verhandlungen als kontraproduktiv und fragen uns, ob dies auch der Fall gewesen wäre, hätte es sich um eine andere Religionsgemeinschaft gehandelt.
Generalverdacht gegen Musliminnen und Muslime
Dass Musliminnen und Muslime hier spezifisch permanent an ihre Rechte, aber vor allem Pflichten, die bereits in Verfassung und Strafgesetz für alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen geregelt sind erinnert werden, suggeriert, dass wir auf Grund einer Religionsangehörigkeit eher zu Straftaten tendieren als andere Bürgerinnen und Bürger und unterstreicht einen Generalverdacht gegen die muslimische Bevölkerung Österreichs.
Wahlkampf
Wir bemerken in letzter Zeit in Bezug auf einen nahenden Wahlkampf klare Tendenzen zu anti-muslimischer Rethorik, die sich durch die gesamte Parteienlandschaft ziehen. Diese Rethorik handelt von einer Unaufnehmbarkeit von MuslimInnen die in eine Assoziation mit Immigration gestellt werden. Wir werden zu „den Anderen“ gemacht.
Die ÖVP spricht so zB über das neue Islamgesetz als ein integrationsförderndes Gesetz, das klar „österreichische Werte“ definiere. Diese Narrative haben realpolitische Auswirkungen. Seit Beginn der Verhandlungen zum Islamgesetz häufen sich nicht nur Angriffe auf als muslimisch wahrgenommene Bürgerinnen und Bürger in einem erschreckenden Ausmaß, sondern auch jene auf muslimische Einrichtungen sowie Schulen.
Interne Strukturen
Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) ist nicht nur Dachverband verschiedenster muslimischer Denkrichtungen, sondern auch die Einrichtung, in der realpolitische Interessen aufeinander Treffen. Diese innere Spannung führt zum einen dazu, dass sich ein erheblicher Teil der Basis nicht angemessen vertreten fühlt, zum anderen resultiert aus ihr mangelhafte Kommunikation zwischen den verschiedenen Verbänden. Die maroden/ineffizienten Strukturen der IGGiÖ, den politischen Vertretern der Verhandlungen offenbar vollkommen bewusst, trugen zum Fiasko der Verhandlungen ihren Teil bei. Die ominöse Schuraratssitzung am Sonntag letzter Woche und das darauffolgende Statement des Präsidenten der IGGiÖ stehen exemplarisch für die Arbeit der Glaubensgemeinschaft: eine Sitzung, die nach Statuten der Glaubensgemeinschaft nicht beschlussfähig ist, weil nicht genügend Ratsmitglieder vorhanden sind, eine Ablehnung, die anscheinend aus dieser Sitzung hervorgehen sollte, eine Zustimmung, die offiziell kommuniziert wurde.
Für das NMZ ergeben sich daher folgende Forderungen:
– Wir fordern ein reines Religionsgesetz ohne sicherheitspolitisch relevante Elemente.
– Wir fordern Neuverhandlungen, die transparent verlaufen, mit mehr Partizipationsmöglichkeiten und ohne Beteiligung des Integrationsministeriums
– Wir fordern eine Trennung von Staat und Religion!
Sowie
– Strukturelle Veränderungen, die uns als Musliminnen und Muslime ein Forum bieten um interne Kritik konstruktiv und angemessen anbringen zu können
– Wir fordern eine Einberufung des Schiedsgerichts der IGGiÖ, da es begründete Zweifel an der Beschlussfähigkeit des Schurarats gibt.
Die Politik hat mit so einem dermaßen großen Druck dieses Islamgesetz aufgebaut und durchgepeitscht, dass das nicht hinnehmbar ist. Die Forderung eines österreichischen Islams ist auch eine Ignoranz gegenüber denjenigen Muslimen, die seit Jahren einen Islam leben, der kulturell von Österreich nicht abgekoppelt ist. Die Idee, dass dieses Gesetz ein Beispiel bzw. ein „Exportgut“ sei, ist scharf zu kritisieren, da es nicht mal für Österreich angebracht ist.
Viele Menschen und Familien, die durch ihr privates Erspartes viele Gelder in Moscheen gesteckt, sind nun jetzt bedroht und die Moscheen werden enteignet.
Ein weiterer Aufhebungsgrund für dieses Gesetz sind auch die Ausdrücke „die Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit“ und die „psychotherapeutischen Methoden“.
Die muslimische Basis in Niederösterreich teilt diese Sorgen. Diese Stellungnahme gebe ich mit Absprache der Leitung der IRG Niederösterreich ab, die im Zusammenhang mit der Stellungnahme der IRG NÖ zum Islamgesetz steht.
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Pressekonferenz – Nicht mit uns! |
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Weiterführende Links
www.dieanderen.net