Im Zeichen einer menschenfreundlichen Bildung
Das Schuljahr 2014/15 hat sich dem Ende geneigt und somit auch ein Abschnitt einer prägenden Lebens- und Entwicklungsphase von SchülerInnen. Rückblickend gesehen hätte das Jahr kaum turbulenter verlaufen können: Neben der aufgekommenen Angst vor radikalisierten Jugendlichen, zeichneten sich auch Berichte, um vermehrtes Misstrauen gegenüber muslimischen SchülerInnen ab.
Man erinnere sich nur an jene Rasterfahndungsmethoden der Deklassierung und Dämonisierung von muslimischen Alltagsbegriffen und deren Neuetablierung als Unterscheidungsmerkmal zwischen vermeintlich radikalen und nicht radikalen SchülerInnen, sowie Wortneuschöpfungen der „Intergrationsunwilligkeit“ als Zeugnis der Bereitschaft der Stigmatisierung von Gruppen oder auch anhaltenden Berichten über fehlende Sensibilität im Umgang mit interkulturellen Konflikten – Stichwort: Muttersprachenverbot an Schulen.
Das Leben und Lernen an Österreichs Schulen ist bestimmt nicht einzig und allein darauf zu reduzieren, welche Erfahrungsmöglichkeiten es SchülerInnen bietet, Diskriminierung zu erleben. Allerdings lassen es heterogen zusammengesetzte Klassen und die wachsenden Anforderungen an interkulturellen und interreligiösen Kompetenzen aller Beteiligten im Schulbetrieb nicht zu, den Schulalltag als durchwegs störungsfrei zu betrachten.
Darüber hinaus gilt es wahrzunehmen, dass Ereignisse, die sich außerhalb der Schulsphäre abspielen, nicht nur einen Einfluss auf politische Debatten und die Rhetorik in der Bildungspolitik haben, sondern auch ihre Spuren in den Schulen selbst hinterlassen.
Die Tatsache, dass irgendwo auf der Welt wieder ein Attentat verübt wurde oder auch die nächsten Wahlen anstehen, die von rechtsgerichteter Politik dazu genutzt werden, um gesellschaftsspaltende Feindbilder weiter anzukurbeln, darf keinen Einfluss darauf haben, dass Unterschiede und Andersartigkeiten von SchülerInnen als gefährlicher wahrgenommen werden, als sie es tatsächlich sein könnten. Oder wie es zuletzt in Frankreich der Fall war: Nachdem das Kopftuch an einer Schule bereits verboten wurde, war nach Charlie Hebdo dem Direktor auch der Rock muslimischer Schülerinnen zu lang.
Eine derartige Haltung, die sich nicht nur in allgemeinen Verboten äußert, sondern bereits bei Subtilem beginnt, hat den gegenteiligen Effekt zur Folge: Erst durch das Abwerten und dem Versuch vorherrschende Unterschiede auszublenden, wird ein doppelseitiger Entfremdungsprozess in Gang gesetzt, der sich dann in der Tat als Gefahr für eine pluralistische Gesellschaft herausstellen kann, wenn diese nicht gelernt hat mit vorhandenen Unterschieden umzugehen.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass es Sinn macht Unterschiedlichkeiten zuzulassenund Schule als offenen Raum zu begreifen, in der sich das Vorhandensein von Unterschieden auch als gewinnbringenden Faktor erweisen kann.
Eine Schulkultur, die sich durch Formen der Abwertung und Ausgrenzung auszeichnet, kann nur schwer selbstbewusste und lösungsorientierte BürgerInnen hervorbringen und somit auch keine positive Kraft auf die Gesellschaft ausüben, die sich wiederum zunehmend wachsenden Anforderungen der Postmoderne gegenüberstehen sieht. Sie unterbindet vielmehr die für die Förderung von Resilienz so wichtige Nutzung der Ressourcenvielfalt heterogener Gruppen und erhält die Unfähigkeit sich zusammen Herausforderungen zu stellen und diese zu bewältigen. Das bedeutet allerdings auch, dass an Schulen an denen eine positive Beziehungskultur vorherrscht, genau das erreicht werden kann. Diese Beziehungsarbeit muss sich jedoch durch Anerkennung, Solidaritäts- und Gemeinschaftssinn, sowie der Achtung persönlicher Freiheiten auszeichnen.
Um das zu realisieren, ist es jedoch notwendig, sich bewusst zu machen, was Arens und Mecheril beschrieben haben: dass jeder anders anders sein darf.
Nasfie Jonuzi