Wien, 19.05.2016
Das Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft präsentierte am 19.Mai 2016 die Premiere zu der Doku-Reportage „Islamophobie österreichischer Prägung“ im Haydn Kino. In den vergangenen Jahren entwickelte sich in Österreich eine antimuslimische Einstellung. Verbale und physische Angriffe sind die Folgen dieser stetig ansteigenden xenophoben und rassistischen Haltung. Hierbei spielt neben nationalen und internationalen politischen Entwicklungen auch die undifferenzierte mediale Darstellung vom Islam und von Muslim_innen eine wichtige Rolle. In der Doku-Reportage werden nicht nur Begriffsdiskussionen über Islamfeindlichkeit, antimuslimischen Rassismus oder Islamophobie geführt, sondern auch über islamfeindliche Vorfälle berichtet.
Regie: Sinan Ertugrul;
Kamera und Schnitt: Muhammed Gönen
http://islamophobia.at
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Filmdoku zeigt Islamhass auf Österreichisch
Viele Muslime haben sich beim 2015 gegründeten Netzwerk für Muslimische Zivilgesellschaft gemeldet und ihre Erfahrungen mit Diskriminierung geschildert und Hilfe gesucht. Es sind „Menschen, die Opfer vom System geworden sind“, sagte der Politologe und Filmemacher Sinan Ertugrul im Gespräch mit religion.ORF.at.
Ihre Geschichten erzählt der Neo-Regisseur nun in der Dokumentation „Islamophobie österreichischer Prägung“. Der Titel ist bewusst gewählt und nicht ausschließlich, aber „definitiv eine Botschaft für Sebastian Kurz“, den Integrationsminister (ÖVP), der in der Vergangenheit mehrmals einen Islam österreichischer Prägung eingefordert hat.
Islamgesetz als Anlass
Kurz ist auch für das von vielen Muslimen kritisierte neue Islamgesetz mitverantwortlich, was dazu führte, dass er in der muslimischen Community an Sympathien eingebüßt hat. Das 2015 verabschiedete Islamgesetz war für das Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft und Ertugrul der Auslöser für die filmische Auseinandersetzung mit dem Thema Islamophobie. „Die Regierung hat ein Gesetz aus der Monarchie zu liberal gefunden und es verschärft“, kritisierte der Filmemacher.

Die Doku sei aber kein Film über das Islamgesetz, sondern beleuchte Islamophobie aus verschiedenen Perspektiven. Frauen und Männer, Religionslehrer, Betroffene, Experten – verschiedene Menschen aus Österreich kommen in den Film zu Wort, so Ertugrul. Der Film erzählt von rassistisch motivierten Übergriffen, Diskriminierung und Xenophobie. Es ist laut dem Politologen die erste Doku in Europa, die sich mit Islamophobie auseinandersetzt.
Islamophobie – richtiger Begriff?
Islamophobie – ein Begriff, der oft verwendet, aber auch immer wieder kritisch hinterfragt wird, vorallem wenn er mit Antisemitismus verglichen wird. Für Ertugrul steht nicht der Begriff im Vordergrund: „Ob Antimuslimischer Rassismus, Islamfeindlichkeit oder Islamophobie – egal wie wir es nennen, wir reden von einem einzigen Phänomen“. Und dieses Phänomen sei nicht abstrakt, es betreffe Menschen mit Leib und Seele.
Filmplakat von Islamophobie Österreichischer Prägung
Die Dokumentation wird am 19. Mai um 18 Uhr im Haydn Kino erstmals ausgestrahlt. Dass der Film bereits seit einiger Zeit ausgebucht ist, zeigt das große Interesse an der Thematik. Weitere Vorstellungen sind laut Ertugrul geplant. Die zwei Filmtrailer für Islamophobie österreichischer Prägung lassen bereits erahnen, dass es sich um einen Film handelt, der das Potenzial hat, zu emotionalisieren und zu polarisieren. So zeigt ein Trailer einen jungen Mann, der sehr persönlich berichtet wie die Polizei in seine Wohnung eingedrungen ist: „Die sind in die Wohnung reingestürmt. Ich hatte nicht mal die Möglichkeit sie zu fragen was sie wollen.“
Parallelen zum Antisemitismus
Ein anderer Protagonist äußert sich zu den von den Nationalsozialisten eingeführten rassistischen Nürnberger Gesetzen. Ein drastischer Vergleich mit dem neuen Islamgesetz? „Ich will natürlich keinen Vergleich ziehen. Die Shoa hat eine eigene Geschichte“, sagte der Filmermacher gegenüber religion.ORF.at. Doch bis dorthin sei es ein langer Prozess gewesen und „die Bloßstellung einer Religionsgruppe, die Diskurse“ über Juden und heute über Muslime „sind leider erschreckend ähnlich“.
Der Film zeige aber nicht nur frustrierte Muslime, sondern bringe auch „sinnvolle konkrete Vorschläge“, was man in Österreich besser machen könnte. Dabei hat der Filmemacher auch einen persönlichen Bezug: „Ich erwarte Ende Mai ein Kind und ich möchte nicht, dass mein Kind in einem Land lebt, in dem es sich schämen muss, so zu sein wie er ist.“
Clara Akinyosoye, religion.ORF.at
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Publiziert am 19.05.2016