Die Inkaufnahme von Unrecht kann Unrecht nicht abwenden

Fassungslos müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass der österreichische Außenminister Sebastian Kurz bei einem Kairobesuch den ägyptischen Präsidenten Abdel Fatah El-Sisi zum Partner erklärte. Für Europa sei El Sisi die bessere Alternative zu den Muslimbrüdern im Kampf gegen den IS. Kurz betonte, dass auf die Menschenrechtslage in Ägypten durch Dialog Einfluss genommen werden könne.   

Dieser Besuch des Außenminsters Kurz sowie seine Argumentation, um diesen zu rechtfertigen, wirft eine Reihe von Fragen auf. Zunächst die Frage, ob das Außenministerium übersehen hat, dass die derzeitige Führungsspitze Ägyptens seit ihrer Machtübernahme massive Menschenrechtsverletzungen begangen hat. Angefangen mit Foltern und weiteren obskuren, unwürdigen Handlungen

Wir fragen uns:
Wo bleibt das Engagement Österreichs gegen die zu Unrecht verhängte Todesstrafe? Laut einer Aussage unseres Außenministers, ist die Abschaffung der Todesstrafe eines der wesentlichen Ziele der österreichischen Außenpolitik, da die Todesstrafe „ein brutaler Angriff gegen die Würde des Menschen“ [1] sei. Wir wollen unseren Außenminister an seine folgenden Worte erinnern: „Die Todesstrafe widerspricht dem Modell moderner Justizsysteme, weil sie weder abschreckende Wirkung hat, noch für Gerechtigkeit sorgt“, so Außenminster Kurz [1]. Sollte daher nicht ein Dialog in diese Richtung angestrebt werden, anstatt mit El Sisi an einem Tisch zu sitzen und (in)direkt sein Vorgehen zu befürworten, indem man dem ägyptischen Präsidenten die Hand schüttelt und ihn als Partner bezeichnet?

Wie kommt es, dass ein System, welches jegliche Opposition gewalttätig unterdrückt – von den Muslimbrüdern bis hin zu liberalen Protestbewegungen – ernsthaft als Partner gesehen wird, um Stabilität zu schaffen?  Es ist doch naheliegend, dass die Stützung eines repressiven Regimes weiterem Radikalismus nicht den Wind aus den Segeln nimmt, sondern vielmehr das Gegenteil zur Folge hat! Anstatt den Demokratisierungsprozess zu fordern und fördern, werden autoritäre Systeme finanziell, politisch und militärisch unterstützt – alles als Maßnahme zur Gewährleistung von „Stabilität“ in der Region. (Ungeachtet dessen, was das für das reale Leben der dort ansässigen Bevölkerung und die gesamtgesellschaftliche Entwicklung eines Landes bedeutet.)

Nicht umsonst heißt es, dass man das ernten wird, was man gesät hat. Denn diese politische Strategie Europas, die Unterdrückung der Bevölkerung im arabischen Raum in Kauf zu nehmen, ist nicht neu. Sei es, was die Partnerschaft mit repressiven Regimen betrifft oder die Unterstützung von bekanntermaßen sinnlos geführten Kriegen in der Region. Mit dem Resultat, dass etwa nach kurzzeitigen Protestwellen Länder in blutige Bürgerkriege gestürzt werden oder noch militantere Bewegungen, wie der IS, als Reaktanzprodukte entstehen. 

Der Gipfel der unübertreffbar grausam anmutenden Ironie hinter dem Ganzen ist dann auch, dass Menschen, die nach Europa fliehen, dann im Meer ertrinken und Gesetze erlassen werden, die es gewährleisten, dass sie dies auch weiterhin tun werden. Offensichtlich deswegen, weil man seine Teilhaberschaft am Problem nicht erkannt hat oder nicht erkennen will. Ironisch ist auch, dass mit El Sisi ein bekennender Salafist unterstützt wird, hingegen andere salafistische Gruppen zu Feindbildern stilisiert werden.

Wie würde die Welt wohl aussehen, wenn sich die Politik die Wahrung demokratischer Grundwerte und Prinzipien zur Maxime des eigenen Handelns macht – auch dann, wenn es um andere als die eigenen Leute geht, und sie nicht nur auf reine Lippenbekenntnisse reduziert werden?

[1] http://www.bmeia.gv.at/das-ministerium/presse/aussendungen/2014/10/bundesminister-kurz-todesstrafe-ist-brutaler-angriff-gegen-menschenwuerde/

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